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Sprache als Schlüssel zum Miteinander

Wortgenuss oder Wortgewalt

Aktualisiert: 27. März

Zwei „Länder“ mit vollkommen unterschiedlichen Gemütszuständen…


Neulich war ich mit für mich wichtigen Menschen auf einer besonderen Reise. Hier erzähle ich von ein paar Situationen, wo der Unterschied zwischen Wortgenuss und Wortgewalt so richtig im Alltag zum Spüren war.


Situation Auto: Wir sitzen zu viert im Auto, Ich und Thomas auch der Rückbank und E. und A. vorne, E. am Steuer, auf der langen und anstrengenden Heimreise. Wir haben uns verfahren. A. und E. waren im angeregten Austausch über ein Lied, das im Radio lief, gewesen und dabei war ob der Begeisterung die Konzentration auf unseren Weg etwas aus dem Blickfeld geraten. E. sagt:“ Sch...! Du hättest mich doch unterstützen müssen! … und bricht die angeregte Unterhaltung ab, schweigt und „starrt“ geradeaus. Ein paar Minuten später „zischt“ er: „ Sch... Gegend, Sch... Land, Sch. Tag – ich hasse es!!!!!“.

Etwas später, nachdem ich mich selbst innerlich ins Land des Wortgenusses zurückgeleitet hatte mittels zum Beispiel der Vermutung „Ui, ich denke, er hat nun Megastress. Er wird vermutlich müde und sehr angestrengt sein und möchte leicht und flott ankommen …“ – anstatt wie zuerst mein Gedanke: „Typisch! Steigert sich rein!“. Letzterer Gedanke war der Schnellste. Gott sei Dank nahm ich ihn gleich wahr, lächelte und schaltete um auf Empathie für ihn. Das hat mich sehr schnell aus dem „Land der Wortgewalt“ zurück geholt ins „Land des Wort- und damit Lebensgenusses“. Nach längerem Schweigen im Auto sagte ich: „Wir haben uns halt verfahren. Das passiert doch, wenn die Unterhaltung gerade so angeregt ist. Meiner Meinung nach ist A. hier nicht schuld.“ A. sagte augenblicklich: „Danke!!!“. Nach ein paar Augenblicken kam von E. „Na, aber ICH bin daran nicht schuld!“. Ich dann darauf: „Nein, das glaube ich auch. Es ist einfach niemand schuld.“ E.: „Nein, das gibt es nicht. Irgend Jemand muss halt schuld sein.“

Nach ein paar weiteren Wortwechseln verlegte ich mich wieder auf meinen „inneren Dialog“ und überlegte, dass ich es so schade finde, dass wir Menschen dieses Spiel der Schuld seit Urzeiten spielen und wie weh das tut und wie schnell es uns ins „Land der Wortgewalt“ katapultiert. Ich wünsche E. jedenfalls von Herzen, dass er einen Weg findet für sich, die Idee, dass irgendjemand immer Schuld haben müsse zu verändern in eine Idee, dass wir von Moment zu Moment bestmöglich handeln, um Bedürfnisses zu erfüllen. Diesen Blick auf Menschen und Situationen finde ich so unendlich viel schöner.

 

Situation Boot: Am letzten Tag unserer Reise, sind wir gerade dabei, unser Hausboot „dicht“ zu machen, um Essen zu gehen. E. und A. sind gerade erst zurückgekommen, während wir anderen schon im Aufbruch sind. Ich bin gerade dabei, das Schiebefenster zu schließen. Da höre ich von E. in – für mich – „spitzem“, „lautem“ – Ton „Lass offen!!!!!“; Während ich am Zuschieben bin, gelingt es mir, zu atmen und ein innerliches „Puh!“ ….. für mich zu formulieren. Ich schiebe weiterhin zu und höre noch einmal, noch etwas lauter: „Lass offen!!!“. Ich drehe mich um und sehe ihm ins Gesicht und sage: „Ich wünsche mir Respekt und Freundlichkeit.

Kannst du das anders sagen, bitte?.“ Er scheint zu erschrecken und sieht mir ebenfalls ins Gesicht und meint “Stimmt, tut mir leid – ja, bitte, kannst du offenlassen, wir brauchen es noch kühl, um uns schnell fertig zu machen.“ Ich sage: „o.k.“, lasse das Fenster offen, gehe in unsere Boots-Kajüte, falle aufs Bett und atme tief aus und freue mich, dass es mir gelungen ist, ihn nicht ebenfalls „anzuherrschen“.


Was mich dabei so unendlich freut, ist die Selbstbeherrschung und auch eine – wenn auch nicht „perfekte“ Form von Achtsamkeit, die mir da gelungen ist, was dazu geführt hatte, dass ich „aus dem Land der Wortgewalt“ zurück gerannt bin ins „Land des Wortgenusses“. Und wahrlich, der weitere Abend ist für mich ein Hochgenuss und ich bin mit E. in guter Verbindung😊

 

Es gab noch genügend Situationen der Wahl für mich, in „welches Land ich gerade reisen wollte“. Nicht immer konnte ich an und vor der Grenze stoppen. Jedoch immer fand ich mit Selbstempathie und Empathie für die andere Person flott und immer flotter dahin zurück.

Nicola

Seit vielen Jahren schreiben wir regelmäßig unsere Erlebnisse mit Gewaltfreier Kommunikation in den „FRIEDISCH-GESCHICHTEN“ – dies ist eine davon.

Nicola



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